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Magische Eisberge, faszinierende Inuit-Kultur: Reisebericht Westgrönland-Expedition mit Albatros Expeditions – Teil 1

Gastbeitrag von Dennis Hillemann – Grönland, mystische, wunderschöne Heimat der Inuit: Vom 22. August bis zum 4. September 2023 hatte ich mit Kristina Hillemann, der Gründerin von eisexpeditionen.de, die Gelegenheit, Westgrönland mit dem neuen Expeditionsschiff Ocean Albatros von Albatros Expeditions zu erkunden. In diesem zweiteiligen Blogbeitrag berichten wir über unsere Eindrücke von der Reise. In einem gesonderten Beitrag gehen wir auf das Schiff selbst ein. Doch heute steht die Reise selbst im Vordergrund – Leinen los.

Anreise

Am 21.8 ging es mit dem Zug von Hamburg nach Kopenhagen. Eine bequeme Form der Anreise – einsteigen und durchfahren bis Kopenhagen Hauptbahnhof, dort ein Gleis wechseln und drei Stationen bis zum Airport. Wir haben uns für eine Reise am Vortag entschieden und noch eine Nacht in einem Hotel am Flughafen verbracht. Am nächsten Morgen sollte es dann mit einem eigenen Charterflug von Albatros Expeditions Richtung Kangerlussuaq auf Grönland gehen. Der Charterflug hat unter anderem den Vorteil, dass nur Gäste der Reise an Bord der Maschine sind, wir also die Mitreisenden früh kennenlernen und uns über die Vorfreude auf die Reise austauschen können. Zum anderen müssen wir die Koffer nur einmal aufgehen, und sehen sie dann auf dem Schiff in unserer Kabine wieder. Am Gepäckband müssen wir sie also nicht einsammeln. Das ist praktisch und entspannt.

Der Flug führt uns von Kopenhagen zunächst nach Reykjavik. Dort müssen wir aber nicht aussteigen, sondern ein Teil der Gäste steigt hier noch hinzu. Insgesamt dauerte der Flug so knapp fünf Stunden, wobei ein guter Teil des Fluges bereits deswegen schnell vergeht, weil wir auf die Landschaften Islands und Grönlands blicken können.

In Kangerlussuaq angekommen, ging es aus dem kleinen Flughafen dann direkt in den Bus – eine Einreise- und Zollkontrolle entfällt, weil Grönland rechtlich zu Dänemark gehört und die Gäste entweder bereits in Kopenhagen oder Island eingereist oder EU-Bürger sind. Bei der Fahrt zum Schiff können wir einen ersten Eindruck von der Natur und der Weite Grönlands gewinnen. Übersetzen auf das Schiff heißt hier: Die erste Zodiac-Fahrt! Die ist entspannt, denn die Expeditionsguides sind vor Ort, heißen uns willkommen, helfen, die für Zodiacfahrten notwendigen Rettungswesten anzulegen und dann geht es auf das Zodiac und rüber zum Schiff. Für uns besonders schön, dass wir hier bereits am Pier unter den Guides eine ganze Reihe lieber Menschen wieder treffen, die wir schon von anderen Reisen her kennen. Das ist bei den Reisen mit Kristina Hillemann eine Besonderheit, denn sie kennt viele Guides persönlich von früheren Reisen. Sie freuen sich auch sehr, uns wieder zu sehen. So entsteht schon am Anfang ein besonderes Expeditionsfeeling. Aber auch wer das erste Mal auf eine solche Expeditionsfahrt geht, wird sich gleich wohl fühlen: alles ist gut organisiert und erklärt, freundlich, die Crew heißt uns willkommen, der „Check-In“-Prozess funktioniert sehr schnell und wir sind schon bald auf der Kabine. Dort treten wir auf unseren Balkon und genießen die Aussicht und freuen uns auf das, was da vor uns liegt. Die Koffer werden bequem auf die Kabine geliefert, so entfällt jedes lästige und für manche Passagiere auch schwere Tragen.

Fakten über Grönland

Bevor wir ausführlicher auf die einzelnen Stationen unserer Reise durch Westgrönland eingehen, möchten wir dem Leser zunächst einige grundlegende Fakten über dieses faszinierende Land vermitteln.

Grönland ist mit über 2 Millionen Quadratkilometern Fläche der größte Inselstaat der Erde. Allerdings leben auf der größtenteils von Gletschern bedeckten Insel nur rund 56.000 Einwohner. Die Mehrheit davon gehört der Bevölkerungsgruppe der Grönländer bzw. Inuit an, deren Vorfahren die ersten Siedler waren.

Grönland ist ein mit besonderen Autonomierechten ausgestatteter Teil Dänemarks. Die Landessprachen sind Grönländisch und Dänisch und Englisch.

Die Westküste Grönlands

Die Westküste Grönlands, die auf dieser Expeditionsreise unser Ziel ist, unterscheidet sich in mehreren Punkten von der Ostküste:

Das Klima an der Westküste ist milder. Auch im Januar kann es Temperaturen von bis zu 5°C geben. An der Ostküste dagegen kommen im Winter regelmäßig Temperaturen von unter -30°C vor. Dennoch kann es auch hier im Winter bitterlich kalt werden, und auch im Sommer, also dem Zeitpunkt unserer Reise, können die Temperaturen auch tagsüber um den Gefrierpunkt liegen (aber auch bis zu 13 Grad erreichen).

Auch landschaftlich gibt es deutliche Unterschiede. Während die Westküste vor allem durch grüne Täler, umringt von Bergen, tief eingeschnittenen Fjorden und einer Vielzahl von Gletschern und Eisbergen, Städten und Siedlungen geprägt ist, dominieren an der Ostküste weite arktische Tundralandschaften im Nationalpark, das größte Fjordsystem der Welt und nur wenige Siedlungen oder Stationen. Die raue Landschaft erfordert von ihren Bewohnern ein Leben in völliger Abhängigkeit von der Natur.

Dies schuf die perfekten Voraussetzungen für unsere Exkursionen von Bord des Expeditionsschiffes aus.

Lectures

Auf dem Schiff angekommen, geht es auch gleich Richtung Norden los – denn wir möchten natürlich zum Eis und zu den entfernten Siedlungen der Inuit im hohen Norden.

Auf der Reise nach Norden erfahren wir von den Expeditionsguides in regelmäßigen Lectures (also zu Deutsch Vorträgen) mehr über das Schiff, aber vor allem auch über die nächsten Etappen unserer Reise, Land und Menschen und die Tierwelt. Die Lectures werden auf der Ocean Albatros auf Englisch gehalten. Die Bordsprache an Bord der Ocean Albatros ist generell Englisch. Täglich findet ein Recap statt, meist kurz vor dem Dinner, das zwischen einer halben Stunde und einer Stunde dauert. Darin wird ein Rückblick auf den vergangenen Tag gerichtet, erklärt, was wir Besonderes gesehen haben und natürlich auch nach vorne geblickt: was machen wir morgen? Wie läuft der nächste Tag ab, also welches Tagesprogramm ist geplant? So haben wir immer einen Überblick, was wann ansteht. Über das Tagesprogramm wird auch noch über einen Aushang informiert sowie über den Fernseher auf jeder Kabine. Auf ihm können wir das Tagesprogramm bequem abrufen.

Sisimiut

Am Tag nach der Einschiffung erreichen wir dann auch bereits die Siedlung Sisimiut und können dort mit dem Expeditionsschiff direkt am Pier anlegen und so bequem von Bord gehen. Sisimiut ist mit knapp 5500 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Grönlands. Sie liegt etwa mittig an der Westküste der Insel im Distrikt Qeqqata, etwa 50km nördlich des Polarkreises.

Bereits seit über 4000 Jahren ist der Fjord um Sisimiut besiedelt. Ursprünglich lebten hier die ersten paläoeskimoischen Jäger und Fischer. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich der Ort unter dänischer Führung zu einem wichtigen Umschlagplatz für den Robben- und Walfang.

Noch heute bildet der Fischfang die Lebensgrundlage für viele Einwohner. Das können wir unmittelbar nach dem Aussteigen auch direkt im Hafen sehen, denn alles dreht sich hier um den Fischfang, mit den vielen kleinen Schiffen und einer modernen Fischfabrik direkt am Hafen. Der Hafen von Sisimiut ist einer der größten Fischereihäfen Grönlands. Neben der Fischindustrie ist auch der Tourismus ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Es gibt hier einige kleine Läden und eine Ausstellung, in der Händler ihre Waren zeigen und ihre Kunstwerke. Die Menschen sind offen und freuen sich in den Läden hier über die Touristen. Bezahlt wird mit dänischen Kronen oder mit US-Dollar – einige Läden akzeptieren auch Kreditkarten, aber wir empfehlen, Bargeld dabei zu haben. Mit Euro kommen Besucher nach unserer Wahrnehmung allerdings nicht weit. Generell kann es sinnvoll sein, für eine Reise nach Grönland dänische Kronen mitzuführen, jedenfalls aber sollten US-Dollar dabei sein. Die Preise selbst hängen sehr vom Ort und jeweiligem Künstler bzw. Handwerker ab. Erwarten Sie jedoch keine Schnäppchen.

Einblick in das grönländische Alltagsleben und eine Mutprobe

Mit seinem zum Teil gut erhaltenen alten Stadtkern und den bunten Holzhäusern bietet Sisimiut Besuchern einen interessanten Einblick in das grönländische Alltagsleben. Zusammen mit den Guides erkunden wir die Stadt und erfahren viel über das Leben der Menschen hier, die Kultur der Inuit und die Art und Weise, wie die Menschen Tradition und Geschichte miteinander verbinden. Wir wurden dabei von einem deutschsprachigen Guide begleitet, der uns auf Deutsch über den Ort erzählt. Dabei gibt es auch ausreichend Zeit, die für grönländische Verhältnisse große Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Die Menschen sind freundlich und es gibt Einiges zu sehen, darunter natürlich auch bereits die ersten schönen Schlittenhunde, die die Inuit in der Regel draußen halten. Da deren Einsatzzeit vor allem im Winter ist, nutzen die Tiere den Sommer für gemütliche Schläfchen. So entstehen süße und schöne Bilder. Besonders unterhaltsam ist es für jeden Hundeliebhaber natürlich, wenn plötzlich die Sirenen des Ortes angehen zum Testen, und die Hunde mit einstimmen – das durften wir live erleben. Aber wir sollten uns immer klar sein: Die Hunde sind hier Arbeitshunde, keine Haustiere wie bei uns. Sie haben kein einfaches Leben und sollen auch eine gewisse Härte aufweisen, damit sie im Winter bei dem Ziehen der Schlitten ihr Bestes geben. Daher ist zum Beispiel das Streicheln der Hunde nur zulässig, wenn der Halter zustimmt. Ansonsten gilt es, Abstand zu wahren und sie aus einigen Metern Entfernung zu bewundern.

Auch die erste Mutprobe erleben wir in Sisimiut: Kristina Hillemann, die Gründerin von Eisexpeditionen.de, geht mutig voran und probiert auf Einladung der Grönländer typische grönländische Gerichte – darunter auch so leckere Schmankerl wie Narwal (der in Grönland ein traditionelles Essen und sehr nährreich ist – auch wenn wir als Europäer solche Speisen ablehnen, dürfen wir nicht vergessen, dass dies Teil der Kultur ist). Den Moment haben wir auf Video festgehalten.

Es ist schön, auf diese Weise den Ort zu erkunden und das Leben der Menschen kennen zu lernen. Dann ging es zurück auf das Schiff und Richtung Norden.

Gen Norden

Unsere Reise entlang der Westküste führt uns weiter nach Norden – der Expeditionsleiter möchte gerne Hans Island erreichen, aber dazu später mehr. Die nächste Anlandung gibt es am nächsten Tag dann in Qeqertarsuaq.

Die Siedlung geht auf eine 1773 gegründete Walfangstation zurück, aber tatsächlich haben Archäologen nachgewiesen, dass es hier schon 4000 v. Chr. menschliche Siedlungen gab. Die kleine Stadt war ursprünglich bis 1940 das Verwaltungszentrum für Nordgrönland, bis es zu einer Neuaufteilung der Zuständigkeiten kam. Die Siedlung befindet sich tatsächlich auf einer Insel, die für Grönland besonders vegetationsreich ist. Nach einer alten Inuit-Sage wurde die Insel ursprünglich von zwei Inuit geschaffen, die das grüne Land entdeckten und vom Hauptland lösten, um es besonders zu schützen. Die Stadt hatte 2009 noch 1200 Einwohner, allerdings sind insbesondere viele junge Menschen in die größeren Städte des Südens weggezogen – eine Entwicklung, die leider viele Orte im Norden Grönlands erfahren.

Den Ort konnten wir wieder gemeinsam mit den Guides erkunden, insbesondere die alte Kirche aus dem 18. Jahrhundert hat es uns sehr angetan und wir liebten die Atmosphäre. Das Besondere war dann noch eine Vorführung für uns in der sogenannten Community Hall, also dem Gemeindehaus. Hier stellten uns drei Pärchen bei Kaffee und Brownies moderne grönländische Tänze vor, die uns durch ihre Lebensfreude in den Bann zogen. Das Ganze findet bei einem sogenannten Kaffeemik statt – also einem klassischen Kaffee & Kuchen-Meeting der Grönländer. Wer wollte war am Ende herzlich eingeladen mitzutanzen.

Vom Gemeindehaus konnten wir dann mit den Guides zusammen zu einer kleinen Wanderung von rund 2,5km aufbrechen – natürlich freiwillig. Sie führte uns entlang an einem modernen Fußballplatz mit Kunstrasen – und ich konnte der Verlockung nicht widerstehen, auf Grönland Fußball zu spielen. Eine ganze Reihe anderer Gäste schlossen sich an. Wer kann bei einem Fußballplatz, direkt am Meer gelegen, mit Blick auf gewaltige Eisberge schon widerstehen. Dabei konnten wir auch schöne Aufnahmen von der Landschaft Grönlands, von Eisbergen im Wasser und von dem gesamten Panorama machen. Die Wanderung führte uns zu einem wunderschönen Wasserfall nahe der Siedlung. Ein großartiges Erlebnis und ein echtes Expeditionsgefühl.

Old Thule / Pituffik

Weiter geht es Richtung Norden – bei einem Seetag genießen wir das Panorama, denn immer mehr Eisberge zeigen sich um uns herum, deren Farben im Wasser vor dem Horizont spielen. Es ist ein Genuss, sich an Deck aufzuhalten, den Ausblick zu genießen, die Eisberge zu beobachten, den Wind in den Haaren und die Geräusche der See in den Ohren. Das ist für uns Expeditionsfeeling pur.

Am Samstag, den 26. August 2023 erreichen wir schließlich Old Thule, auch bekannt als Pituffik, und können auch hier eine Anlandung vornehmen.

Old Thule war eine (ehemalige) grönländische Siedlung, in der 1910 eine dänische Handelsstation eröffnet wurde, die sehr erfolgreich und bekannt war. Diese Handelsstation generierte so viele Einnahmen, dass aus ihr heraus die berühmten Thule-Expeditionen vom Knud Rasmussen zur Erforschung des Lebens und der Geschichte der Inuit finanziert werden konnten. Die Expeditionen konnten die gemeinsame Herkunft der Inuit Kanadas, Sibiriens und Grönland nachweisen, durch die gemeinsame Sprache, Kultur und die gemeinsamen Legenden.

Old Thule liegt etwa 930 Kilometer nördlich des nördlichen Polarkreises und ist damit einer der nördlichsten permanent bewohnten Orte der Erde. Heute befindet sich hier nur eine US-amerikanische Militärbasis, die sogenannte Thule Air Base. Sie wurde im Kalten Krieg als Radarstation und Abhörposten errichtet und wird heute noch teilweise militärisch genutzt.

Direkt neben Pituffik erhebt sich der Mount Dundas. Dieser markante Berg ragt aus der flachen Landschaft Nordgrönlands heraus und ist weithin sichtbar. Für die Bewohner von Thule gilt er als ein Wahrzeichen der Region.

Heimvorteil für Albatros Expeditions

Thule ist aufgrund seiner abgelegenen Lage mitten im arktischen Eismeer nur sehr schwer zu erreichen. Im Winter kommt es häufig vor, dass Thule über Wochen von der Außenwelt abgeschnitten ist, da das Meereis dann den Schiffs- und Flugverkehr blockiert. Dennoch ist Thule aufgrund der Luftwaffenbasis ganzjährig bewohnt, auch wenn die Bedingungen dort äußerst rau sind. Die grönländische Siedlung, die es hier gab, ist inzwischen aufgegeben, da die früher hier lebenden Inuit vor Jahrzehnten der wachsenden US Air Base in den neuen Ort Qaanaaq weichen mussten.

Bei einer Wanderung erzählen uns die Guides Geschichten über den Ort und wir besuchen den Gedenkstein an Knud Rasmussen. Unsere Wege werden von Polarhasen und einem Polarfuchs gekreuzt. Für uns ist es schwer vorstellbar in dieser kargen Tundra Nahrung zu finden. Aus der Ferne können wir auch die Thule Air Base der US-Luftwaffe sehen – natürlich können wir in diesen bewegten Zeiten nicht nahe heran. Viele Schiffe dürfen nicht mehr hier anlanden, Thule ist für sie gesperrt. Bei Grönland Expeditionskreuzfahrten hat Albatros Expeditions hier als dänische Reederei einen klaren Heimvorteil.

Über die weitere Reise berichten wir in einem zweiten Teil unseres Reiseblogs. Freuen Sie sich auf wunderbare Begegnungen mit Inuit, wunderschönen Hunden und Walen.

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