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Eine der größten Heldengeschichten der Antarktis betrifft die Fahrt der Endurance und ihrer Crew. Im Jahr 1914 brach Ernest Shackleton mit seinen Männern auf, um den Südpol zu überqueren. Doch die Antarktis zeigte Shackleton und seiner Crew ihr unerbittliches Gesicht – die mächtige Endurance, das stolze Schiff Shackletons, wurde im Eis eingeschlossen und sank später. Die Männer harrten auf dem Eis aus, sie zogen über das Eis, trieben auf einer Eisscholle in nie bewohnte Regionen unserer Erde, und im Angesicht des Todes fanden sie all ihren Heldenmut. Denn es ist nicht nur die Geschichte von Ernest Shackleton, der alle seine Männer vor dem sicheren Tod bewahrte, nein: Es ist auch die sagenumwobene Fahrt des James Caird, eine der größten Bootsfahrten der Geschichte, in der ein kleines Segelboot mit sechs Männern über 750 Meilen durch die Antarktis reist, um die Crew zu retten. Wir lieben die Geschichte dieser tapferen Männer so sehr, dass wir von Eisexpeditionen.de sie in zwei Blogbeiträgen erzählen, um ihr den Raum zu geben, den sie verdient. Heute beginnen wir mit dem ersten Teil – die Fahrt und das Ende der Endurance. Im zweiten Teil werden wir uns dann der sagenumwobenen Fahrt der James Caird widmen – und der legendären Rettung der Männer durch Ernest Shackleton.
Nicht nur die Heldentat ist über alle Grenzen hinaus bekannt, sondern auch seine Stellenanzeige in der „Times“, mit der der britische Polarforscher Ernest Shackleton seine Crew anheuerte.
„Männer gesucht für gefährliche Reise. Kleiner Lohn, bittere Kälte, lange Monate völliger Dunkelheit, ständige Gefahr. Sichere Rückkehr zweifelhaft. Ehre und Anerkennung im Falle eines Erfolges.“
Diese direkte und schonungslose Stellenanzeige wird heute noch unter Führungskräften und Personalern heiß diskutiert und gilt als erfolgreichste Stellenanzeige aller Zeiten.
Die Luft war kalt, aber klar und als Leonard begann das Banjo zu spielen, drehten sich einige Männer zu ihm. Einige schüttelten den Kopf, dachten sicher, warum dieser Taugenichts von Meteorologe denn jetzt das verdammte Banjo spielen muss. Andere dagegen lächelten und hoben die Hand als würden sie ihn ermuntern wollen weiter zu spielen. Frank Hurley, der Fotograf, schoss ein Foto am Bug, auch er blickte sich kurz zu Leonard um.
Die Endurance war auf dem Weg nach Süden. Es war die Expedition seines Lebens, dachte Leonard Hussey, und er würde darüber singen und spielen, darüber zu Hause berichten und als Held gefeiert werden, er, der mit Ernest Shackleton – dem Ernest Shackleton – den Südpol überquert hatte. Was würden das für Geschichten werden, und wie sehr würden die Leute an seinen Lippen hängen!
Er war ganz in Gedanken, als er sein Instrument spielte, dass er nicht den Mann, der neben ihn getreten war, bemerkte. Eine in sich ruhende Gestalt, die Autorität und Siegessicherheit verstrahlte. Erst nach einigen Sekunden bemerkte Leonard ihn und sofort unterbrach er sein Spiel. „Sir, ich…:“ wollte er sich rechtfertigen.
Aber Ernest Shackleton schüttelte den Kopf und schenkte ihm ein schmales Lächeln. „Spielen Sie weiter, Mr. Hussey. Wir steuern auf den größten Triumph unseres Lebens zu. Ein Lied ist angebracht.“
Dann drehte er sich um und ging weiter auf dem Deck, um Anweisungen zu geben. Leonard lächelte und er spielte weiter. Für die Crew, für die Endurance – und für Shackleton.
Was muss das für ein Gefühl für die Männer gewesen sein, als sie am 5. Dezember 1914, einen Tag vor dem heutigen Nikolaus, Südgeorgien verließen? Sie wollten unter der Führung von Ernest Shackleton als erste Menschen die Antarktis über den Südpol überqueren. Keiner von ihnen sollte ahnen, dass die meisten von ihnen erst in 500 Tagen wieder einen Fuß auf zivilisiertes Land setzen sollten.
Vor vier Monaten hatten Shackleton und seine Männer an Bord der Endurance London verlassen, ausgeschickt, um ein großes Abenteuer zu bestreiten in der auslaufenden Zeit der großen Entdecker und Expeditionsreisenden: Die Expedition, die Shackleton anführte, war die sogenannte Imperiale Trans-Antarktische Expedition, heute auch oft als sogenannte Endurance Expedition bezeichnet. Ziel der Expedition war es, zum einen den Südpol zu erreichen, zum anderen aber auch als erste Menschen eine Überquerung der Antarktis über den Pol zu vollziehen. Es war ein großes Unterfangen, das schon damals, jedenfalls im britisch dominierten Commonwealth, große Aufmerksamkeit hervorrief. Die Briten hatten immer noch den Anspruch, die größte Seemacht der Welt zu sein – „Rule Britannia, Britannia rule the waves!“ – und auch, die größten Entdecker und Abenteurer der Zeit zu stellen. Kein Wunder also, dass Shackleton breite Unterstützung in London erfuhr.
Daher war es ihm auch möglich, die Endurance für seine Expedition zu nutzen. Werfen wir einen Blick auf dieses bis heue obgleich seines Schicksals legendäre Schiff. Sie war 144 Fuß (44 m) lang, mit einem Balken von 25 Fuß (7,6 m) und maß 348 Tonnen brutto. Was heute kaum jemand mehr weiß, wovon wir aber bei Eisexpeditionen.de besonders fasziniert sind: Sie war eigentlich nie als Expeditionsschiff im engeren Sinne gedacht, sondern als eine eisfähige Dampfjacht für Touristinnen und Touristen – und das zu Beginn des 20. Jahrhunderts! Kein Wunder also, dass sie so ausgestattet war, als sie vom Stapel lief: 10 Passagierkabinen, ein großer Speiseraum mit angeschlossener Kombüse, sogar einen Raucherraum und eine Dunkelkammer für die Fotoentwicklung gab es.
Die Endurance wurde für polare Bedingungen mit einer sehr robusten Konstruktion entwickelt. Ihre Kielelemente bestanden aus vier übereinander liegenden, massiven Eichenholzstücken mit einer Dicke von 85 Zoll (2.200 mm), während ihre Seiten zwischen 30 Zoll (760 mm) und 18 Zoll (460 mm) dick waren, mit doppelt so vielen Spanten wie normal, die zudem auch doppelt so dick wie üblich waren. Sie wurde aus bis zu 760 mm (30 Zoll) dicken Brettern aus Eiche und norwegischer Tanne gebaut, die mit Greenheart, einem besonders starken und schweren Holz, ummantelt waren. Die Endurance galt als das robusteste Holzschiff ihrer Zeit, die es mit der berühmten Fram spielend aufnehmen konnte.
Shackleton, in Irland als Sohn einer anglo-irischen Familie geboren, war bereits ein Antarktisforscher von beachtlichem Ruf, als er und seine Crew am 1. August 1914 von London aus mit dem Schiff „Endurance“ aufbrachen. Er war einer von zwei Personen, die Robert Falcon Scott ausgewählt hatte, um ihn beim ersten Angriff auf den Südpol im Jahr 1902 zu begleiten; krank vor Skorbut kehrten sie noch 745 Meilen zwar zurück, aber sie waren weiter nach Süden gereist als alle anderen Menschen bis zu diesem Punkt. Nun wollte Shackleton den ganzen Weg bestreiten. Shackleton verfügte nach einer Ausbildung in der Handelsmarine und vielen Seefahrten auf der ganzen Welt selbst über größte Erfahrung als Seemann. Aber es war die Expeditionsreise, um die es ihm ging, und nachdem Amundsen 1911 den Südpol als Erster vor Scott erobert hatte, suchte Shackleton nach einem neuen Abenteuer – nicht nur der Erreichung des Südpols, sondern dessen Durchquerung.
Als Ausgangspunkt für die Reise in die Antarktis hatte Shackleton die Falklandinseln gewählt – denn damals, bis 1985, waren Südgeorgien (und auch die Sandwichinseln) ein Teil der Flaklands. Von hier aus erhoffte er sich ideale Bedingungen, um sein Ziel zu erreichen. Es sollte jedoch anders kommen.
Die Hoffnungen Shackletons und seiner Männer auf Ruhm und Ehre schienen sich bald nach Aufbruch zu zerschlagen. Nur zwei Tage, nachdem sie Südgeorgien verlassen hatten, traf die Endurance mit ihrer Crew auf dickes Packeis. Von nun an war es ein mühsames Unterfangen – die nächsten sechs Wochen ging es nur langsam Richtung Süden. Trotzdem wähnte sich Shackleton auf dem richtigen Weg: er hatte einen Punkt zur Anlandung in der Antarktis auf der Grundlage der bekannten Karten ausgewählt und wollte von dort dann den schwierigen Weg zu Fuß fortsetzen.
Der 18. Januar 1915 sollte sich jedoch als (ein erster) Schicksalstag der Expedition erweisen. Shackleton traf mit der Endurance auf sehr dickes Eis. Wir von Eisexpecitionen.de können nur vermuten, dass es nun so manchem seiner Männer mulmig wurde angesichts der Eismassen, die sich kalt und bedrohlich um das Schiff schlossen, und vielleicht wird der eine oder andere insgeheim (und vielleicht auch offen?) darauf gehofft haben, der Expeditionsführer werde umdrehen. Doch weit gefehlt. Es entsprach nicht der Natur von Shackleton jetzt schon nachzugeben und so beschloss er, abzuwarten, bis sich eine Lücke nach Süden im Eis bildete.
Nach über einem Monat mühsamen Vorankommens durch das Packeis waren Shackleton und die Endurance nur einen Tag von ihrem antarktischen Zielort entfernt gefangen.
„Sir, Sir!“. Die Rufe von draußen waren unüberhörbar, vor allem hier in der Stille des Eises. Shackleton trat an Bord, kalte Luft umspielte sein Gesicht. Er brauchte nicht über das Deck in das Eis zu spähen. Die Blicke der Männer verrieten ihm alles, was er wissen musste. Sie waren gefangen. Es würde keine Weiterfahrt nach Süden geben. Für einen Moment nur, nur einen kurzen Augenblick, schlich sich Panik und Sorge in das Gemüt des Mannes. Wieder gescheitert? Werden wir hier je herauskommen? Werden die Männer durchhalten? Aber dann straffte sich Shackleton, und er ging aufrecht an den Männern über das Deck, um sich ein Bild der Situation zu machen. Keine Schwäche, keine Sorge. Wir sind die Männer der Krone. Nichts wird uns erschüttern.
Auch Leonard stand an diesem frühen Morgen auf dem Deck, auch er hatte es gesehen und die traurige Wahrheit erkannt. Sie würden hier nicht mehr fortkommen. Jetzt nicht. Vielleicht nie mehr? Leonard schüttelte den Kopf und er orientierte sich an Shackleton. Der Mann stand an Deck und blickte auf das Eis, die Hände hinter seinem Rücken gelassen verschränkt. Unbeugsam und furchtlos, ein britischer Seefahrer durch und durch. Angst wich Hoffnung. Er würde uns hier herausführen, dachte Leonard.
In der Nacht war es geschehen: Das Wasser um das Schiff herum war vollständig gefroren, die Endurance und die Crew im Packeis gefangen. Zunächst hoffte Shackleton noch, es würde nur ein kurzfristiges Ereignis sein, denn noch, so schien es ihm, gab es Hoffnung, könnte sich das Eis wieder lichten, könnte der Punkt der Anlandung erreicht werden. Denn das war das Unglaubliche, das Tragische, das, was die Antarktis ausmacht: Shackleton war nach seinen Berechnungen gerade einmal einen Tag Seereise von dem Anlandungspunkt entfernt. Einen Tag! Sollte dieser eine Tag wirklich den Unterschied machen über Triumph oder Niederlage? Ist es da nicht selbstverständlich, dass Shackleton und seine Männer die Hoffnung zunächst nicht aufgaben, noch an den großen Erfolg glaubten?
Aber diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen. Das Eis zog sich nicht zurück. Nichts ging mehr für die Endurance, weder vorwärts noch zurück, sowohl der Ausgangspunkt des Nordens in Südgeorgien wie auch das Ziel der Schiffsreise, der Anlandungspunkt im Süden, waren für die Besatzung unerreichbar. Shackleton wurde nach einigen Tage bewusst: Er und seine Männer waren gezwungen, bis zum viele Monate entfernten antarktischen Frühling zu warten. Dann, so versicherte er seiner Crew und sich selbst, dann würde das Eis auftauen, und die Fahrt könnte weiter gehen – in die eine oder andere Richtung. Nun also galt es, im Eis zu überwintern. Welch einen treffenden Namen trug dafür das Schiff – Endurance, zu Deutsch Ausdauer, das war nun das, was die Männer und Shackleton zeigen mussten.
Es folgten harte Monate gefangen im antarktischen Eis. Kälte, Enge, Unsicherheit und Angst, wie es weiter gehen könnte, plagten die Männer, die aber – im Sinne der britischen Geschichte zur See – die Moral beibehielten und Shackleton treu blieben. Selbst die Dunkelheit änderte daran nichts. Vier Monate antarktische Winterdunkelheit mussten die Männer ebenfalls ertragen- wie schwer diese Zeit gewesen sein mag, das können wir uns heute, in der Wärme unserer Wohnungen und Häuser mit elektrischem Licht, nicht vorstellen.
Es war dann der 27. Oktober 1915, als Shackleton eine weitere folgenschwere, aber richtige Entscheidung traf.
Shackletons Blick fiel auf das Wasser. Es war seit einiger Zeit hier unten eingetreten, und langsam füllte es den Raum aus, kalt und unnachgiebig, das Schiff langsam für sich einnehmend.
„Verdammtes Eis,“ brummte der Mann neben ihm, und Shackleton konnte es ihm nicht verdenken, Es war eine Sache, im Eis gefangen zu sein, in seiner Kälte, in der Dunkelheit, die klar machte, dass sie so weit weg von zu Hause sind, so fernab jeglicher Zivilisation. Das konnten die Männer und er gut durchstehen – jeder Einzelne von ihnen wusste, worauf sie sich eingelassen hatten.
Aber das Eis ist tückisch. Das Eis ist stark. Es schloss das Schiff und seine Männer nicht nur um sich ein. Es begann, auch immer mehr Raum einzunehmen, und hier draußen, da, wo das Eis herrschte, da zeigte es den Briten seine ganze Kraft. Langsam, aber sicher, so wusste Shackleton, würde das Eis das Schiff, seine Männer und ihn zerquetschen, würde das Wasser an immer mehr Stellen in den Rumpf eintreten und die Endurance in ein kaltes, dunkles Grab reißen. Es gab nur eine Möglichkeit, zu überleben. Eine logische Entscheidung, wusste der erfahrene Expeditionsleiter. Aber verdammt noch einmal, dachte auch er nun fluchend, keine einfache.
„Wir verlassen das Schiff,“ sagte er.
„Sir?“ fragte der Mann neben ihm, einen ungläubigen Ton in der Stimme. Über ihn bogen sich mit krachendem Geräusch die Balken. Für Shackleton fühlte es sich so an, als kämpfte die Endurance um ihr Überleben, als wollte diese tapfere Dame nicht aufgeben, aber es gab kein Entrinnen, und neben dem Gräuel, sein Schiff aufgeben zu müssen, erfüllte ihn auch Trauer.
„Alle Mann von Bord,“ wiederholte Shackleton, mit kalter, fester Stimme. Oder niemand geht je mehr von Bord, ergänzte er in Gedanken.
Es sollte nicht lang dauern, bis Leonard den Befehl hörte. Er schluckte hart, aber auch er wusste, es gab keine andere Wahl. Die Endurance starb, und bei Gott, er wollte nicht mit ihr sterben. Noch nicht. Als er seine Sachen zusammenpackte, warf er einen Blick auf sein Banjo. Ob er vielleicht…?
Es war 17 Uhr am späten Nachmittag, als Ernest Shackleton an diesem 27. Oktober 1915 das letzte Mal die Endurance besichtigte. In der Tat zerquetsche das Eis das Schiff langsam, denn tausende Tonnen von Eis drückten gegen den Rumpf. Die Aufgabe der Endurance war aus seiner Sicht die einzige Möglichkeit, das Leben seiner Männer zu retten, auch wenn es für ihn das Ende seiner Expeditionsreise bedeutete, bevor sie überhaupt den Anlandungspunkt in der Antarktis erreicht hatten. Aber es musste so sein: Alle Männer mussten das Schiff verlassen und sich dauerhaft auf das Eis der Antarktis begeben, um dort ihr Überleben zu sichern.
Mit Ausnahme von Frank Hurleys Fotos und Leonard Husseys Banjo wies Shackleton jedes Crewmitglied an, alles zu entsorgen – bis auf 2 Pfund ihres persönlichen Besitzes, mit dem sie ein Leben auf dem Eis im dort errichteten sogenannten „Ocean Camp“ beginnen sollten. Ein Leben, das hoffentlich sich dort nur kurz vollziehen würde, bis Rettung eintraf und die Männer sich wieder in der Zivilisation aufwärmen konnten. Shackleton wusste damals nicht, wie schwer die Zeit noch werden würde. Manche Männer mögen gegrummelt haben, so viele Dinge zurückzulassen, aber auch das machte Sinn, um sie nicht zu sehr zu belasten. Nichts Unnötiges wollte Shackleton mit sich nehmen.
„Du hast was?“
Leonard konnte es kaum fassen, als er sah, was Hurley aus dem Schiff mitgebracht hatte. Sie waren nun schon einige Tage auf dem Eis, wie viele, wusste er gar nicht mehr so genau, aber seinem Gefühl nach waren es bereits jetzt schon zu viele.
Frank lächelte, aber es war keine Freude in dem Lächeln. „120 habe ich mitgenommen. Den Rest habe ich zerschlagen.“
Leonard warf einen kurzen Blick in die Tasche des Mannes. Frank Hurley hatte tatsächlich 120 seiner goldenen Platten aus dem Schiff noch gerettet. Er war mit Shackleton und Frank Wild an Bord gegangen, als die Nachricht gekommen war, dass das Schiff immer stärker von Eis überzogen war und bald nicht mehr betreten werden konnte. Während die anderen beiden natürlich allerlei nützliche Gegenstände aus dem Schiff gebracht hatten, und Hurley, zu seiner Ehrenrettung dabei geholfen hatte, so hatte der Fotograf doch auch 120 seiner goldenen Schallplatten gerettet.
„Warum hast Du den Rest nicht einfach dagelassen?“ fragte Leonard. „Wer weiß, ob nicht…“
Aber Hurley unterbrach ihn. „Nein,“ sagte er und schüttelte den Kopf. „Nein. Wenn ich sie dagelassen hätte, wäre ich in ein paar Tagen wieder auf das Schiff gegangen. Und dabei verreckt. Oder festgesessen, und dann wäre so ein Dummkopf wie Du gekommen, um mich zu retten. Nein,“ sagte er, und Leonard glaubte, eine kleine Träne in den Augenwinkeln des Mannes zu erkennen. „Ich musste sie zerstören.“
Bevor das Schiff völlig vereist war, hatte Shackleton mit seinen Crewleuten Hurley und Wild die letzten nützlichen Gegenstände von Bord geholt. Nun bestand aber auch für alle Gewissheit – wenn es nach Hause gehen sollte, dann nur ohne die Endurance.
Leonard stand auf dem Eis, den Blick nach Süden gerichtet. Dorthin wollten wir, dachte er, nach Süden, in den tiefsten Süden der Welt, an ihr Ende. Dort hätte unsere Heldengeschichte beginnen sollen. Stattdessen stehen wir nun hier. Wenigstens habe ich das Banjo und…
Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen. Ein Schrei ertönte: „She’s going, boys“
Er blickte sich um, und konnte es noch sehen. Später sprachen Frank und er darüber, dass sie es vielleicht nicht hätten sehen wollen, denn es war wie die Ankündigung ihres eigenen Endes, ein Bild, das sie nicht mehr verlassen sollte.
Die Eisschollen hatten sich geöffnet, und die mächtige Endurance versank im ewigen Eis. „Mach es gut,“ dachte Leonard traurig. Das Schiff hatte auch ihn den ganzen Weg von London hierhergeführt, sicher und warm. Nun, einigermaßen warm. Jetzt aber hatte es sein Ende gefunden.
Würde ihnen das Gleiche geschehen?
Es war der 21. November 1915. Noch heute gibt es Fotos von Frank Hurley davon. Es war der Tag, an dem die Endurance im eisigen Meer der Antarktis versank. Hurley sollte später notieren, dass sie alles Wesentliche vorher von Bord geschafft haben, dass nur das Unvermeidliche geschehen war. Trotzdem sollte der Anblick auf die tapferen Männer depressiv wirken. Shackleton jedoch war unbeirrt. An ihm richteten sich die Männer auf. Er ließ ein Camp bauen, das sogenannte „Ocean Camp“, und dort ließ er einen provisorischen Speckkocher errichten. Denn tatsächlich gab es für die Männer Speck. Auch wenn es für uns heute merkwürdig erscheint, so war es durchaus für das Überleben der Männer wichtig – Shackleton ließ Jagd auf Pinguine und Robben machen. Sie lieferten für die Männer überlebenswichtige Nahrung und andere wichtige Stoffe, ohne die Tiere wären die Männer schon bald elendig verhungert. Shackleton ließ sogar im Ocean Camp eine Plattform bauen, von der aus die Sichtung der Tiere erfolgte und erfolgreiche Jagdzüge der Männer starten konnte.
„Sir?“ frage Leonard, nachdem er die Flaggen gehisst hatte.
„Ja, Mr. Hussey?“ erwiderte Shackleton, von der Plattform in die Ferne schauend.
„Macht es wirklich Sinn, hier draußen einen Mast zu haben mit einer Flagge?“
Shackleton antwortete nicht direkt, und Leonard hatte bereits Sorge, etwas gefragt zu haben, was nicht schicklich war. Dann drehte sich der andere Mann zu ihm um, und unter dem strengen Blick zeigte sich wieder ein kleines Lächeln.
„Wir sind Männer des Königs, Mr. Hussey, und britische Seeleute. Ob zu Wasser, zu Land oder auf diesem Gott verdammten Flecken Erde. Wenn Sie das im Herzen behalten, dann sind Sie im Herzen immer zu Hause. Daran erinnert uns die Flagge.“
Mit diesen Worten ging Shackleton. Leonard blickte zu der im leichten Wind der Antarktis wehenden Flagge hoch und es erschien ihm so, als wäre es gerade etwas wärmer hier draußen geworden.
So verbrachten die Männer die Monate im ewigen Eis der Antarktis, das Shackelton später auch als ihr „Gefängnis“ in seinen Memoiren bezeichnen sollte.
Aber wie schafften sie es dort heraus? Welche großen Heldentaten beging Shackleton, um das Leben seiner Männer zu sichern? Das alles und mehr erfahren Sie in Teil 2 unserer großen Geschichte von Shackleton, der Endurance und der sagenumwobenen Fahrt des James Caird.
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